Druckdifferenz-Schwindel (engl. alternobaric vertigo)

Jeder dritte Taucher hat schon einmal einen Druckdifferenzschwindel erlebt. Aus einer von uns untersuchten Gruppe von Tauchern, mit durchschnittlich 650 Tauchgängen, hat aber nur jeder 20. Taucher schon einmal etwas von diesem Phänomen gehört!

Ursache

Durch unterschiedliche Druckverhältnisse im Mittelohr kann es während des Auf- oder Abstiegs zu Drehschwindel kommen. Da eine Druckerhöhung über das runde und ovale Fenster auf das Innenohr übertragen wird und hierdurch das Gleichgewichtsorgan stimuliert wird, kann es bei einer seitendifferenten Reizung des Gleichgewichtsorgans zu Schwindelsymptomen kommen. Das Gehirn erhält unterschiedliche Signale von beiden Seiten, die zu einem Verarbeitungsproblem führen, worauf der Körper mit Schwindel reagiert. Bei der Seekrankheit handelt es sich um ein ähnliches Phänomen: unterschiedliche Signale des Gleichgewichtsorgans und der optischen Wahrnehmung führen zu einer Fehlinterpretation woraufhin Schwindel und Übelkeit entsteht.

Symptome

Während des Aufstiegs (90%) oder Abstiegs (10%) bemerkt der Taucher plötzlich eintretenden Dreh- oder Schwankschwindel. Hinzu können Übelkeit und Brechreiz treten. Durch den Schwindel kann es zur Orientierungslosigkeit kommen, so dass im schlimmsten Fall ein Notaufstieg eingeleitet wird, der die Gefahr eines Dekompressionsunfalls birgt. Der Schwindel hält in der Regel zwischen 10 Sekunden und mehreren Minuten an (Durchschnitt 30 sec). Hält man sich konstant auf der Tiefe, läßt der Schwindel nach, sobald ausgeglichene Druckverhältnisse in beiden Ohren herrschen. Durch Tauchen in die Gegenrichtung (oder Druckausgleich, bei Druckdifferenzschwindel des Abtauchens) kann der Schwindel frühzeitig unterbrochen werden.

Nicht jeder Taucher muss Druckdifferenzschwindel erleben: nur ca. 30% der erfahrenen Taucher hatten schon einmal Druckdifferenzschwindel. Die Häufigkeit des Auftretens variiert sehr stark zwischen den betroffenen Tauchern. Manche Taucher hatten nur einmal ein solches Erlebnis, andere erleben jeden zweiten Tauchgang eine Schwindelepisode. Besonders häufig treten diese Symptome bei Tauchern mit Erkältung auf, da sie unter einer behinderten Tubenbelüftung leiden.

Therapie

Es ist keine Therapie notwendig, da die Symptome von alleine verschwinden. Bleibt der Schwindel konstant, liegt eine andere Erkrankung vor, die HNO-ärztlich abgeklärt werden sollte. Hilfreich ist es in die Gegenrichtung zu tauchen oder sich auf einen Punkt zu konzentrieren (z.B. Ankerseil). Es ist selbstverständlich, dass man nicht mit einer Erkältung tauchen sollte, wenn man aber nun doch unter Wasser gelandet ist, muss man mit einem gehäuften Auftreten rechnen.

Untersuchungsmethoden

An der Hals-Nasen-Ohren Universitätsklinik Heidelberg haben wir eine Untersuchung von 64 Tauchern durchgeführt, von denen ca. 30 % schon einmal einen Druckdifferenzschwindel erlebt haben. Eine Messung der Tubenfunktion erlaubte keine Vorhersage welcher Taucher an Druckdifferenzschwindel leidet. Eine Untersuchung des Gleichgewichtsorgans zeigte ebenfalls keine Unterschiede zwischen den Tauchern mit und ohne Druckdifferenzschwindel. Bisher sind also keine Untersuchungen bekannt, die es ermöglichen würden vorherzusagen welcher Taucher einen Druckdifferenzschwindel erleben wird. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass in der Ausbildung auf diese „Erkrankung“ hingewiesen wird, damit gerade Anfänger nicht mit Panikreaktionen reagieren.