Dekompressionserkrankung (DCI)
Die Dekompressionserkrankung (DCI, englisch decompression illness) setzt sich zusammen aus der Dekompressionskrankheit (DCS, englisch decompression sickness) und der arteriellen Gasembolie (AGE) nach Lungenbarotrauma.
Beide Unterformen sollen kurz beschrieben werden, bevor auf die Häufigkeit und Risikofaktoren eingegangen wird.
Dekompressionskrankheit (DCS)
Die Dekompressionskrankheit ist Folge von ausperlendem Inertgas (in der Regel Stickstoff) im Gewebe oder Blut. Physikalischer Hintergrund ist das Henry-Gesetz (LINK), das dazu führt, dass beim Aufenthalt unter Druck eine erhöhte Menge des Atemgases im Körper gelöst wird. Abhängig von Druck, Aufenthaltsdauer und Atemgas findet diese Sättigung des Körpers unterschiedlich schnell und umfangreich statt. Beim Auftauchen muss dieses aufgenommene Gas wieder abgegeben werden, da es sonst zum Ausperlen von kleinen Gasbläschen kommt, da das Löslichkeitsprodukt des Inertgases überstiegen wird. Der Körper hat eine unterschiedliche Toleranz für Gasbläschen. Kleine Mengen Gasbläschen treten bei fast jedem Tauchgang auf und werden gut toleriert. Sie treten entweder lokal auf und verursachen keine Beschwerden und gehen nach und nach wieder in Lösung oder sie werden über das venöse Blut zur Lunge transportiert und werden dort abgeatmet. Übersteigt die Menge an lokal auftretenden Bläschen einen kritischen Wert (das kann in einer kleinen empfindlichen Struktur wie dem Innenohr eine sehr kleine Menge sein), kommt es zu Symptomen einer DCS: Hautrötung, Juckreiz, Schwellung, bläulich-rötliche Schwellung der Haut bei Ansammlung von Gasbläschen im Lymphsystem, aber auch Schmerzen in Gelenken und Muskel und allgemeine Abgeschlagenheit und Müdigkeit. Treten die Bläschen im zentralen Nervensystem auf, kommt es zu neurologischen Symptomen: Gefühlsstörungen, Muskelschwäche, Lähmung bis hin zur Querschnittslähmung, Sprachstörungen, Sehstörungen, Migräneanfälle, Hör- und Gleichgewichtsstörungen. Diese Symptome können innerhalb weniger Minuten auftreten, entstehen aber manchmal auch erst Stunden später, zum Beispiel während einer heißen Dusche, beim Sport, bei Fahrt über einen Bergpass oder im Flugzeug. Symptome innerhalb 48 Stunden nach dem Tauchen sind immer verdächtig auf das Vorliegen einer DCS.
Arterielle Gasembolie (AGE)
Der arteriellen Gasembolie liegt ein anderes Gasgesetz zugrunde: Das Gesetz von Boyle-Mariotte (LINK). Bei der AGE sind Dauer und Tiefe des Tauchgang nicht ausschlaggebend, denn sie kann auch schon in Schwimmbadtiefe auftreten und auch in dieser Tiefe tödlich verlaufen. In diesem Zusammenhang möchte ich nur von der AGE als Folge eines Lungenbarotraumas sprechen und nicht von der Arterialisierung von Gasbläschen durch einen Rechts / Links Shunt bzw. ein PFO (engl.: patent foramen ovale). Hierzu gibt es ein eigenes Kapitel (LINK).
Hintergrund sind Entlüftungsstörungen der Lunge oder ein willentliches Luftanhalten beim Aufstieg oder ein zu schneller Notaufstieg. In der Folge dehtn sich die Luft in einem oder mehreren Lungenbläschen aus und kann nicht schnell genug abströmen. Es resultiert eine Verletzung des Lungengewebes, so dass ein Lungenbarotrauma entsteht. Kommt es gleichzeitig zu einer Verletzung der Lungengefäße und wird die sich ausdehnende Luft aus der Lunge in die Lungengefäße gedrückt, kann eine schwere Gasembolie resultieren. Da die Gefäße von der Lunge zum Herzen im Durchmesser zunehmen und erst wieder in der Endstrohmbahn in den Körpergeweben kleiner wird, wird die Luft im Blutgefäßsystem nicht gefiltert und kann so lebenswichtige Versorgungsgebiete von der Blutversorgung abschneiden. Die Symptome einer AGE sind meist sehr stark ausgeprägt, treten unmittelbar während des Aufstiegs oder an der Oberfläche auf und sind als sehr lebensbedrohlich einzustufen. Symptome können Herz/Kreislaufstörungen bis zum Herz/Kreislaufstillstand sein, neurologische Symptome inklusive Halbseiten- und Querschnittslähmung, Sprach, Seh- und Gleichgewichtsstörungen und Bewußtseinsverlust. Therapie der Wahl ist eine intensivmedizinische Behandlung und falls möglich und medizinische vertretbar eine schnellstmögliche hyperbare Sauerstofftherapie.
Da sich die schwere Form der Dekompressionskrankheit (DCS) und eine arterielle Gasembolie (AGE) nicht sicher unterscheiden lassen und die Therapie für beide Erkrankungsformen identisch ist, hat man den Begriff Dekompressionserkrankung (DCI) geprägt. Man ist also immer auf der sicheren Seite, wenn man im Zusammenhang mit obengenannten Symptomen von einer DCI spricht.