Rechts/Links Shunt und PFO

Rechts / Links Shunt oder offenes Foramen ovale (PFO, englisch patent foramen ovale)

Bei einem offenen Foramen ovale (PFO) handelt es sich um eine kleine Verbindung zwischen rechten und linken Vorhof im Herzen, die sich nach der Geburt nicht vollständig verschlossen hat. Jeder vierte Mensch ist Träger eines PFO. Dies stellt grundsätzlich kein Problem dar, da das PFO durch die Druckverhältnisse im Herzen und Brustkorb funktionell verschlossen ist. Nur beim Husten, Pressen, Durchführen eines forcierten Druckausgleichs oder dem Heben von schweren Gegenständen (z.B. der Tauchausrüstung) kommt es zu einem kurzen Öffnen des PFO. Auch dies stellt unabhängig vom Tauchen sehr selten eine Rolle, auch wenn ein solches PFO vermehrt bei jungen Patienten mit Schlaganfall beobachtet wird.

Beim Tauchen kommen diese Kurzschlussverbindungen jedoch eine besondere Rolle zu, da bei den meisten Tauchgängen Mikrobläschen in der Dekompressionsphase und nach dem Tauchgang entstehen. Diese werden im venösen System in Richtung Lunge transportiert und dort abgeatmet und führen zunächst einmal zu keinen Problemen. Liegt jedoch ein PFO vor, können diese Bläschen arterialisiert werden, d.h. sie geraten auf die arterielle Seite der Blutstrombahn. Dort können sie wesentlich mehr Schaden anrichten, zum Beispiel wenn Sie ins Gehirn oder das Innenohr gelangen. Man weiß heute, dass vor allem Dekompressionsunfälle mit neurologischer oder Innenohr Symptomatik überdurchschnittlich häufig mit einem PFO assoziiert sind. Es kann auch in der Lunge Kurzschlussverbindungen zwischen rechtem und linkem Kreislaufsystem geben, so dass Gasbläschen auch in der Lunge den Lungenfilter umgehen können und von der venösen auf die arterielle Seite gelangen können. Ist man sich nicht sicher, ob es sich um eine Kurzschlussverbindung im Bereich des Herzvorhofs oder der Lunge handelt spricht man besser von einem Rechts / Links Shunt.

Dekompressionsunfälle sind insgesamt, bezogen auf eine durchschnittliche Tauchkarriere von 200 – 1000 Tauchgänge im Leben ein seltenes Ereignis. Das DCS Risiko liegt ungefähr bei einem DCS Ereignis pro 2500 – 5000 Tauchgänge. Man hat herausgefunden, dass das Risiko einen Tauchunfall zu erleiden bei Trägern eines PFO ungefähr 2,5fach erhöht ist, also immer noch sehr niedrig. Untersuchungen der Heidelberger Universitäts-HNO Klinik haben gezeigt, dass bei Tauchern mit wenig Taucherfahrung gegenüber Tauchern mit großer Taucherfahrung das Risiko für einen Dekompressionsunfall um das vierfache erhöht ist. Diese Zahlen sollen verdeutlichen, dass es viele Risikofaktoren für Tauchunfälle gibt und man nicht nur ein Phänomen isoliert beobachten soll.

Wie soll sich also Otto-Normaltaucher verhalten? Heute sind sich die Experten einig, dass Taucher ohne Vorgeschichte eines Tauchunfalls keine Routine Untersuchung auf ein PFO benötigen. In der Tek Tauchgemeinde wird im Gegensatz hierzu sehr wohl eine vorsorgliche Untersuchung auf ein PFO gefordert, da in diesem Bereich mehr Risikotauchgänge durchgeführt werden.

Kam es zu einem Tauchunfall ohne Verletzung der Dekompressionsvorschriften empfehlen die medizinischen Fachverbände mittlerweile grundsätzlich die Suche nach einem PFO. Sollte ein solches Vorliegen, kann man anhand der Größe bzw. anhand der Menge der Gasbläschen, die ins arterielle System Übertreten, eine zusätzliche Risikoabwägung betreiben. Diesen Tauchern ist eine Änderung ihres Tauchverhaltens zu raten. Unsere Arbeitsgruppe veröffentlicht 2012 die ersten Zahlen weltweit, die zeigen, dass eine Reduktion der Inertgasbelastung beim Tauchen, also flachere Tauchgänge, Verzicht auf Wiederholungstauchgänge, Nitrox-Atmung unter Luftzeitberechnung, das regelmäßige Einlegen eines tauchfreien Tages alle drei bis vier Tage zu einer deutlichen Reduktion des Risikos führen erneut einen Dekompressionsunfall zu erleiden. Das durchschnittliche DCI Risiko konnte um den Faktor 10 für Taucher mit PFO bis hin zum Faktor 40 für Taucher ohne PFO reduziert werden. Dies sind beeindruckende Zahlen!

Die Reduzierung der Inertgasbelastung kann auf viele Arten erfolgen und wurde sehr schön von der Schweizer Fachmedizingesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin zusammengefasst und in einem Flyer veröffentlicht (LINK).

Kommt es trotz Reduzierung der Inertgasbelastung erneut zu einem Deko-Unfall, raten die Fachgesellschaften entweder vom Tauchen ab oder man sollte das PFO verschließen lassen. Eine elegante Methode besteht in einem Katheterverschluss des PFO. Hierbei kann durch eine Vene in der Leiste ein Katheter ins Herz vorgeschoben und in das PFO ein Schirm platziert werden, der das PFO verschließt. Jedoch ist auch diese Methode nicht frei von Risiken und man beobachtet mildere Nebenwirkungen in bis zu 7 % der Prozeduren (Herzrhythmusstörungen, kleinere Blutungen) und ernste Nebenwirkungen in ungefähr 2% der Fälle (lebensbedrohliche Blutungen, die zu einer Operation führen und Verlust des Schirms in die arterielle Strombahn). Man sollte sich deshalb sehr gut überlegen, welchen Weg man einschlagen möchte.

Seit 2011 gibt es eine sehr gute Veröffentlichung aus der Schweiz, in der gezeigt werden konnte, dass der Verschluss eines PFO zu einer Reduktion des DCI Risikos führt und damit liegen endlich verlässliche Daten zum PFO Verschluss mittels Herzkatheter vor. Trotzdem kam es auch in dieser Studie auch bei Tauchern mit PFO Verschluss noch zu einem DCI Ereignis mit neurologischer Symptomatik, nämlich bei einem Taucher, bei dem der Schirm das Loch nicht vollständig verschließen konnte. Und natürlich kann man auch ohne Rechts / Links Shunt an einer Dekompressionserkrankung verunfallen. Kein Argument für einen Katheterverschluss sollte die Vorbeugung eines Schlaganfalls sein.

Am besten lässt man sich zu diesem umfassenden Thema durch einen erfahrenen Tauchmediziner beraten. In meiner Tauchersprechstunde führe ich eine Screening Untersuchung mittels Ultraschall im Halsbereich auf das Vorliegen eines Rechts / Links Shunts durch und berate anschießend über das weitere Vorgehen.

Zusammenfassung:

  • Eine vorbeugende Untersuchung auf ein PFO ist nicht notwendig
  • Das Risiko einen Dekompressionsunfall zu erleiden ist mit PFO erhöht, aber trotzdem niedrig
  • Nach einem Tauchunfall lohnt sich die Suche nach einem PFO
  • Ein PFO kann sehr elegant durch eine Herzkatheterbehandlung verschlossen werden, allerdings ist dieser Eingriff nicht ohne Risiken
  • Eine Alternative stellt die Umstellung des Tauchverhaltens dar
  • Am besten eine Fachmeinung bei einem erfahrenden Tauchmediziner einholen